Zusammenleben mit meinen Grosseltern
Beim täglichen Spaziergang ist Mueti immer auf der lauer nach schönen Blumen. Sie könnte Stunden mit Blumen pflücken verbringen. Wir müssen dann geduldig warten. Vati `s Stärke ist Geduld nicht, er wird dann schnell laut und schimpft.
Zu Hause haben wir dann immer schöne Sträusse. 🙂
Heute fuhren Mueti und ich mit dem Auto zum Einkaufen. Sie sass neben mir. Während der Fahrt äusserte sie immer wieder, dass sie so glücklich sei. Dies freute mich riiiesig!!
Am Nachmittag sind wir zu dritt in den Dorfladen einkaufen gegangen. 🛒Vati hat den Einkaufswagen gestossen, Mueti war hinter mir. Plötzlich sehe ich, wie Mueti`s Hand in den Jackensack geht. So habe ich mich schnell zu ihr gewannt und im Jackensack nachgeschaut. Was kam zum Vorschein??
Ein Radieschen!
Der Verkäufer hat es mitbekommen und ich habe es ihm erklärt, dass Mueti dies nicht böswillig machte. Er hats verstanden und musste auch schmunzeln.
So wurden wir schon in der ersten Woche „Dorfbekannt“.🙈😅
Heute machten wir zusammen mit meiner Schwester einen Ausflug in ein Einkaufszentrum. Wir brauchten diverse neue Kleider. Vati hat stark abgenommen und Mueti zugenommen. Also setzten wir Vati in den Rollstuhl und flitzten durch die Läden. Sie hatten grosse Freude, ja sogar Vati. 🙂 Sie haben geduldig Kleider probiert und wir wurden fündig. Es war ein toller Tag.
Am Abend fragte ich Vati, was er heute besonders schön gefunden hat. Dann antwortete er wortwörtlich: “ Das shoppen.“
Am Nachmittag bekamen wir Besuch von Frau Margarito. Sie ist von der Spitex „Arana Care“. Das ist eine Spitex, die sich spezialisiert hat, zum pflegende Angehörige zu entlasten und zu entlohnen. Endlich wird die Arbeit, die Hunderttausende in der Schweiz gratis machen, finanziell auch wertgeschätzt. Sie wird uns helfen bei Medizinischen Fragen und Administration mit den Krankenkassen. Das Treffen war sehr hilfreich. So weiss ich, dass ich nicht alleine bin.
In der Nacht sind Vati und Mueti einige Male aufgestanden. Aber am Morgen wirkten sie glücklich. Vor dem Frühstück haben wir das erste Mal geduscht. Mueti liebt es zu duschen. Sie hat sogar gesungen. 🙂 Vati mag es nicht zu duschen. Aber was sein muss, muss sein. Am Nachmittag haben sie wieder zusammen getanzt.
In der ersten Nacht mussten sie ein paar Mal auf die Toilette, aber sonst haben sie gut geschlafen. Als ich am Morgen ins Zimmer kam, waren beide glücklich. Sie gaben sich einen Kuss und sind dann in ein Bett zusammen gelegen und haben gekuschelt ( in einem 90cm Bett;-)!)
Nach dem Frühstück sind wir unsere neue Umgebung erkunden gegangen. Vati mit seinen 2 Stöcken, da er etwas unsicher geht. Der Weg führte uns an einem Bänkli vorbei, wo wir eine Pause einlegten. Die Aussicht auf den Bodensee war einfach wunderschön.
Heute war nun der grosse Tag!:-) Das Wetter machte auch mit, es war ein sonniger Tag.
Mueti war sehr gut gelaunt, wie eigentlich immer. Wir haben ihre persönlichen Sachen gepackt und sind mir ihr losgefahren.
Vati war freudig und nervös. Als Vati und Mueti sich im Garten ihres neuen zu Hause sahen, mussten beide vor Freude weinen. Es war so schön! Sie haben sich lange gehalten. Sie haben in ihrem neuen Garten das schöne Wetter genossen. ?Etwas später haben wir ihr neues zu Hause gezeigt.? Alle Zimmer sind beschriftet, damit sie sich besser orientieren können. Sie haben gleich gesagt, dass es ihnen gefällt. Danach haben sie das Abendessen eingenommen und später haben sie noch getanzt. Sie tanzen sehr gerne, vorallem mein Mueti. Nachher sind beide glücklich, aber müde ins Bett gegangen. Sie schlafen beide im gleichen Zimmer. Dies war ihr Wunsch. Mal schauen wie die erste Nacht wird…
Morgen werden wir Vati (Grossvater) und Mueti (Grossmutter) holen. Ich bin schon nervös. Wie werden sie reagieren auf ihre neue Umgebung? Wie werden sie sich zurechtfinden? Sind sie gar überfordert? Solche Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Aber ich freue mich sehr auf die beiden.
Meine Grossmutter hat im Jahr 2015 die Diagnose Demenz erhalten. Es war für die ganze Familie ein Schock, aber vor allem für meinen Grossvater. Denn seine Frau war nicht mehr dieselbe wie vorher. Sie hat immer mehr vergessen, sie konnte nicht mehr Haushalten. Kurz gesagt, sie war wie ein anderer Mensch. Dies machte uns sehr traurig. Irgendwann war dann der Moment, dass mein Grossvater mit der Situation überfordert war. Wir mussten einen Heimplatz für sie finden. Monate später hatte meine Grossmutter ein Zimmer in einem schönen Heim erhalten. Mein Grossvater war nun allein im Haus. Irgendwann konnte auch er nicht mehr alleine wohnen, jedoch dürfte er nicht in das selbe Heim wie Mueti gehen, da sie keine Ehepaare erlaubten. So zügelte er zu meiner Mutter. Leider sahen meine Grossmutter und mein Grossvater sich kaum, da die Grossmutter im Zürcher Oberland wohnte und mein Grossvater nun im Appenzellerland. Sie vermissten einander sehr. So mussten wir eine neue Lösung finden. Da der Wunsch schon länger in mir war, meine Grosseltern zu betreuen, wurden die Pläne immer konkreter. Nun mussten wir die passende Immobilie finden, dies war nicht so einfach. Doch dann wurden wir fündig. Ein sehr schönes Haus, ländlich gelegen mit umzäuntem Garten. Einfach nur wunderschön. Vielen Dank an Herr und Frau R., dass Sie uns als Mieter ausgewählt haben. Obwohl viele Leute mich als wahnsinnig hielten, wollte ich zusammen mit meinen Grosseltern noch ein paar schöne Monate und hoffentlich Jahre verbringen. Denn auch ich werde von dieser Zeit profitieren und was gibt es Schöneres zusehen, wie meine Grosseltern zusammenleben dürfen.
